Historische Zukunftspläne für Halles Straßenbahnnetz

Einige Diskussionen habe sich schon im alten Forum damit auseinandergesetzt, welche Ausbaupläne für die Straßenbahn es in den sechziger Jahren gegeben hat. Ein mir kürzlich von einem Bekannten aus Düsseldorf zugegangene Skizze mit dem Titel Netzplan der VE Verkehrsbetriebe Halle 1970, gezeichnet im November 1963, weist folgende Planungen aus:

1. Verbindung Burg Giebichenstein - Trotha über Geschwister-Scholl-Str. (!) .
2. Neue Strecke Berliner Brücke - Diemitz, offensichtlich über Fritz-Hoffmann-Str.
3. In der unteren Leipziger Str. sollte die Straßenbahn erhalten bleiben und ab Leipziger Turm über Voßstr. zur Ph.-Müller-Str. führen.
4. Streckenführung in der Ph.-Müller-Str . bis zur Merseburger Str., Stillegung in der Ernst-Toller-Str.
5. Vom Riebeckplatz zur Saline war bereits die heute kurz vor der Fertigstellung stehende Nebaustrecke vorgesehen.
6. Stillegung der Verbindung Marktplatz - Hallmarkt - Saline.
7. Neue Strecke Rennbahnkreuz - Magistrale - Eselsmühle mit zwei Stichstrecken: a.) etwa ab Hallorenstraße in nordwestlicher Richtung zum Bruchsee und zum Heidesee, b.) in der Hettstedter Straße zum Kinderdorf
8. Neubau eines Betriebshofes neben der Feuerwache in Neustadt.
9. Neue Strecke Torstraße - Röpziger Str. - Str. der Republik - Paul-Suhr-Str. bis zur Veszpremer Str.
10. Betriebsstrecke In der Robert-Koch-Str. zwischen Pestalozzistr. und Huttenstr.
11. Neubau des Betriebshofes Rosengarten und Schließung des Betriebshofes Ammendorf.
12. Gleise in der Damaschklestr. sowie Burgstr. - Mühlweg nur noch für Betriebs- und Umleitungsfahrten.
Von Planungen für die heute bestehende Führung zwischen Böllberg über Südstadt - Silberhöhe nach Beesen war zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Rede.

So sah die angedachte Linienführung aus:
Linie 1: Frohe Zukunft - Marktplatz - Elsa-Brändström-Str.
Linie 2: Büschdorf - Berliner Brücke - Riebeckplatz - Rannischer Platz - Veszpremer Str.
Linie 3: Trotha - Reileck - Franckeplatz - Kinderdorf
Linie 4: Heide - Franckeplatz - Büschdorf
Linie 5: Trotha - Steintor - Ammendorf
Linie 6: Trotha - Reileck - Riebeckplatz - Böllberg
Linie 7: Kröllwitz - Reileck - Leipziger Turm - Riebeckplatz - Ammendorf
Linie 8: Diemitz - BB1 - Riebeckplatz - Rannischer Platz - Franckeplatz - Rennbahnkreuz - Eselsmühle
Linie 9: Heidesee - Franckeplatz - Riebeckplatz - Ammendorf

Zu den Überlandbahnstrecken fehlen Informationen.

Zum besseren Verständnis sind die heutigen Straßenbezeichnungen angeführt.

Kannst du die Skizze eventuell scannen und mir zukommen lassen? Ich würd mir notfalls auch die Zeit nehmen, das Netz zu simulieren.

Es tut mir leid, aber mir wurde die Skizze nur mit dem Versprechen übermittelt, dass sie - ob aus Gründen des Copyrights oder anderen - nicht weitergegeben wird. Man kann sie unter Zuhilfenahme eines Stadtplanes aber durchaus leicht nachvollziehen.

Ich fühle mich jedoch verpflichtet, die von mir erwartete Vertraulichkeit bezüglich des Informaten zu wahren, denn sonst würde ich es evtl. riskieren eine Quelle zu verlieren, die vielleicht noch über weitere Hintergrundkenntnisse verfügt.

Nichts für ungut - aber ich weiß die Wissbegierde der Leserschaft dieses Forums durchaus zu schätzen. Zu gegebener Zeit hört ihr vielleicht mehr zu diesem Thema.

Seit den frühen 60er Jahren (Konzeption von Halle-West, später dann Halle-Neustadt genannt) wurden stets und ständig beim Rat der Stadt, Abteilung Verkehrsplanung solche "Planspiele" durchgeführt. Im Gegensatz zu Heute erfuhr jedoch kaum jemand etwas davon, es sei denn, man kannte dort jemanden persönlich.
Die Strecke (2) ist bereits in Planungen der 30er Jahre enthalten (über F.-Hoffmann - O.-Stomps - F.-Schulze-Str.), siehe Chronik "100 Jahre elektrisch ...".
Wie wir alle sehen können, kann niemand "das Fahrrad ständig neu erfinden": Die HAVAG greift z. T. bis heute auf die alten Konzepte zurück (siehe auch die Verbindung Heide-Kröllwitz, die bereits seit 75 Jahren "durch alte Pläne geistert" (und die ich in dem hier zitierten Konzept vermisse)!)

Wenn es die DDR noch geben würde, könnten wir seit Jahren mit der Straßenbahn nach Heide-Nord fahren. Nicht wahr, Frank?!

Und Halle hätte den Ehrennamen Heldenstadt Ernst Thälmann
FTB

...allerdings wäre die Innenstadt samt Giebichenstein und Paulusviertel wahrscheinlich inzwischen komplett eingestürzt und HaNeu zum Stadtzentrum erkoren worden.

Mal ganz ehrlich: ist die fehlende Straßenbahnverbindung nach Heide-Nord dagegen nicht ein bisschen unwichtig...?

CB

Heute ist die Verbindung vielleicht entbehrlich, zu DDR-Zeiten sah das bei Weitem anders aus.
Von einstmals 4 geplanten Wohnkomplexen in HeiNo wurden ja auch nur 2 gebaut (und gerade im WK II wird derzeit massiv abgerissen).
FTB

CB, mit Deiner Innenstadtprognose zum Thema Zerfall geh ich mit. Maneiner erinnert sich vielleicht noch an den späten Abriss der Gründerzeithäuser rund um die Geiststraße.

Die Strecke nach Heide-Nord war beim damaligen Verkehrsaufkommen allerdings wirklich wichtig.

Zitat von truestepper

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Maneiner erinnert sich vielleicht noch an den späten Abriss der Gründerzeithäuser rund um die Geiststraße.

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Gott sei Dank kam die Wende ja noch rechtzeitig und mit ihr Milliarden von Aufbau-Ost-Fördermitteln. Deren Einsatz hat sich in Halle nun wirklich gelohnt, denn ähnliche großstädtische Gründerzeitensembles sind in Deutschland seit 1945 leider eher Mangelware... Bedauerlicherweise wissen das so manche Leute gar nicht zu schätzen, was sie hier in Halle für eine phantastische Bausubstanz haben.

Zitat von truestepper

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Die Strecke nach Heide-Nord war beim damaligen Verkehrsaufkommen allerdings wirklich wichtig.

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Wenn man das mal weiterspinnt wäre eine Strecke von der Heide bzw. Köllwitz (mit "Dreiecksverknüpfung" in Kröllwitz) über HeiNo nach Salzmünde oder so ganz lustig - sozusagen eine Überlandbahn nach Nordwest. Reine Spinnerei, ich weiss, aber nett wäre es trotzdem.

CB

Oder ne Art RegioTram wie In Kassel (Kassel-Melsungen und Kassel-Warburg)

Naja, hinter Dölau wäre spätestens Schluss gewesen. Man hat die Hettstedter Eisenbahn damals bestimmt auch nicht ohne Grund eingestellt.

z.T. Regionalstadtbahn:

Dafür wäre im Nordwesten und Norden Halles die Bevölkerunsdichte im ländlichen Raum zu gering.

Aber es gibt ja derzeit in dieser Hinsicht ein ganz interessantes Projekt von Zittau über Reichenberg nach Jelenia Gora.

Hallo

Aber es gibt ja derzeit in dieser Hinsicht ein ganz interessantes Projekt von Zittau über Reichenberg nach Jelenia Gora.
Japp. Das ist interessant. dazu gab es auch irgendwo mal eine Internetseite drüber (wenn ich sie finde schreib ich es mal.). Zu der Strecke in Liberec (also Reichenberg). Es soll da die (letzte) Schmalspurstrecke (Tschechiens) nach Jablonec (Gablonz) stillgelegt werden und dafür ab Prosec nad Nisou auf den Gleisen der dortigen Verbindungsbahn nach Jablonec und weiter nach Harrachov gefahren werden. Dafür soll noch der Streckenabschnitt bis Vratislavice auf Normalspur umgespurt werden. Die Strecke von Fügnerova (in Liberec) nach Jablonec wurde erst letztens gesperrt wegen dem Bau einer Brücke. Dabei wurden auch Arbeiten an der Oberleitung in Jablonec durchgeführt, welche aber nicht darauf deuten, dass der Abschnitt der Überlandbahn stillgelegt wird.

Ok, das war jetzt etwas vom Thema abgewichen, wens aber interessiert kann mal bei http://www.tram-liberec.de.vu gucken. Dort ist auch ein Plan zu der Regiotram zu finden, aber das ist nicht die Seite über die Bahn.

Grüße aus Leipzig
Tony

Zitat von Tony L

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Es soll da die (letzte) Schmalspurstrecke (Tschechiens) nach Jablonec (Gablonz) stillgelegt werden und dafür ab Prosec nad Nisou auf den Gleisen der dortigen Verbindungsbahn nach Jablonec und weiter nach Harrachov gefahren werden. […] Arbeiten an der Oberleitung in Jablonec durchgeführt, welche aber nicht darauf deuten, dass der Abschnitt der Überlandbahn stillgelegt wird.

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Meinerseits wurde gelesen, dass man sich die Rosinen rauspickt. Zwischen den Orten schnell auf der Eisenbahnstrecke, wo nötig als Straßenbahn durch die Orte, um die Leute mitzunehmen. Fast wie in – nein, um – Karlsruhe.

Ich wollte nicht einen neuen Thread aufmachen und ich denke hier passt die Skizze am besten rein
Der eine oder andere wird sich erinnern, daß ich von diesem Entwurf schon ab und an mal gesprochen habe. Interessant vielleicht die Führung über die Emil-Abderhalden-Sztraße. Das wäre ohne großflächigen Abriß wahrscheinlich gar nicht gegangen.
Achso: Die Skizze ist von 1979 aus der "Architektur der DDR"